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Ein Jahrhundertprojekt

Folgender Artikel erschien im  Dezember im IHK Wirtschaftsform Magazin.

Dazu gab es folgenden Leserbrief:

Die Taunusbahn- vom Erfolgsmodell zum Desaster?

Leserbrief zum Artikel „Ein Jahrhundertprojekt“ im IHK Wirtschaftsforum 12.20

Hat sich unser Bürgermeister mit der Situation nicht intensiv auseinandergesetzt oder will er die Fakten nicht sehen?

Ja, das ist ein Jahrhundertprojekt: Innerhalb von sieben Jahren ist das Projekt schon 3 x verschoben worden und der VHT traut sich schon gar nicht mehr einen neuen Termin für die Fertigstellung zu nennen. Und die Kosten explodieren weiter! In der letzten Verbandsversammlung wurde mitgeteilt, dass sich die voraussichtlichen Kosten (innerhalb eines Jahres!) von 59 auf 119Mill.€ verdoppelt haben! Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Und Keiner regt sich über diese Steuerverschwendung auf, nach dem Motto – der Bund und das Land zahlen ja den größten Teil und den Rest schlagen wir dann auf die Trassenpreise drauf. Sieht so der verantwortliche Umgang unserer Politiker mit Steuergeld aus? Stuttgart 21 und BER lassen grüßen!

Die S-Bahn Verlängerung bringt keine nennenswerten Vorteile für das Usinger Land und benachteiligt auf Jahrzehnte die Gemeinden hinter Usingen.

Schämt sich eigentlich unser Bürgermeister nicht, wenn er für die hohen Kosten nur einen lächerlichen Zeitgewinn von 3min. anzubieten hat? Und der ist fraglich, weil das An- und Abhängen der Triebwagen in Friedrichsdorf 3-6min. kostet. Außerdem müssen bei der Fahrt von Ffm nach Usingen die Fahrgäste in Friedrichsdorf von dem hinteren Triebwagen in den vorderen umsteigen und die nach Grävenwiesbach oder Brandoberdorf weiter wollen, müssen in Usingen umsteigen. Dabei müssen sie mit einer Umsteigezeit von bis zu 15min. rechnen.

Es ist also eine Irreführung des RMV/VHT wenn behauptet wird, die S5- Verlängerung wird umsteigefrei, noch gibt es eine kürzere Reisezeit. Im Gegenteil, für die Fahrgäste hinter Usingen wird die Reisezeit länger als sie z.Z. ist.

Das völlig überlastete „Nadelöhr“ City-Tunnel produziert fast täglich Verspätungen und Ausfälle der S-Bahn. Wollen wir uns das in den Taunus holen? Bei größeren Verspätungen wird die S5 in Bad Homburg oder Friedrichsdorf gewendet (Pofalla-Wende) und die Fahrgäste ins Usinger Land gucken in die Röhre.

Dabei gibt es nach meiner Meinung ein preisgünstigeres und besseres Konzept wie es die BI „Pro Taunusbahn“ in ihrem Projekt „Taunusbahn 2.0“ vorstellt. Die Streckenführung bleibt so wie sie schon heute als SE15 besteht: Frankfurt Hbf—Brandoberndorf. Später kann die Strecke sogar bis zum Flughafen Terminal 3 verlängert werden. Dafür brauch man keine Regionaltangente West. Wann diese „Bimmelbahn“ kommt ist sowieso fraglich!

Es muss hierfür in 14 dreiteilige Batterietriebwagen, wie zum Beispiel der Mireo plus B von Siemens, investiert werden. Dieser Triebzug hat eine gute Beschleunigung, eine Fahrgastkapazität wie der ET423, hat eine Universaltoilette und ist mit ca.70m Länge ideal für die Taunusbahn. In den Spitzenzeiten fahren die Züge im 1⁄2-Std.-Takt und in den verkehrsarmen Zeiten im 1Std.-Takt. Diese Züge fahren dann garantiert umsteigefrei und sind schneller von Brandoberndorf im Frankfurter Hbf.

Auf die eigenständige RB15 haben dann auch die ständigen Verspätungen der S5 keine Auswirkungen mehr.

Dieses Konzept hat natürlich auch große Vorteile: Keine Oberleitung auf der TSB-Strecke, keine Rodungen, kein zweites Gleis in Wehrheim usw. und den Steuerzahler würde es ca. 65Mill.€ (geschätzt) weniger kosten als das RMV/VHT- Konzept.

Auch ist die Akzeptanz bei den Fahrgästen und Bürgern gegeben und keine Klagen, wie beim VHT-Konzept, sind zu erwarten.

Jetzt höre ich schon wieder den Aufschrei: Die Batterietechnik ist noch nicht reif und erprobt und die Züge werden viel zu schwer und die haben nicht die Kapazität und Reichweite. – Da kann ich nur auf die Fa. Siemens hinweisen, die Ihren Batteriezug 2 Jahre in den Alpen in Österreich getestet haben. Orginalton Siemens: „Unser Mireo plus B ist marktreif!“. Aber auch andere Hersteller wie Alstom, Stadler, Bombardier bieten Batteriezüge an und haben sie schon verkauft.

Was ist übrigens mit den 27 Wasserstoffzügen die der RMV gekauft hat? Das sind auch Batteriezüge! Die beiden großen Batterien, die die Motoren antreiben, werden von der Brennstoffzelle mit Strom gespeist. Bei den Batteriezügen (BEMU) werden die Batterien über den Pantografen aufgeladen.

Nach dem RMV/VHT-Konzept fahren die iLint-Triebwagen dann morgens und abends die halbe Strecke unter Oberleitung. Das sind ca.800km täglich! Das ist totaler Schwachsinn.

Für die teilelektrifizierte Taunusbahnstrecke (Brandoberndorf—Ffm-Hbf.) ist daher ein Batteriezug (BEMU) die beste Lösung zumal er in der Anschaffung und in der Unterhaltung wesentlich kostengünstiger ist als ein Wasserstoffzug. Auch der Wirkungsgrad an der Schiene und die Beschleunigung (1,1m/s) sind wesentlich besser als beim Wasserstoffzug. Die B-Züge haben heute ohne Oberleitung eine Reichweite von 100 – 120km. Das ist für die Taunusbahnstrecke mit ca. 37km Länge allemal ausreichend. Wenn diese Züge 2021 bestellt würden, könnten sie schon 2024/2025 auf den Gleisen der Taunusbahn fahren.

Da die RMV/VHT Planungen mittlerweile auf veraltete Daten und Fakten beruhen und angesichts Corona die zu erwartenden Fahrgastzahlen nicht mehr stimmen, sollte der RMV/VHT sein Konzept überdenken und mit der BI gemeinsam nach der besten Lösung suchen.

Ansonsten kann man nur hoffen, dass der RP die Fehlplanung und Steuerverschwendung erkennt, und auch die vielen Einwendungen und Klagen dazu beitragen, dass das RMV/VHT- Konzept verhindert wird.

Wehrheim, 09.12.2020 Rainer Gauderer